80 % der Fahrer von Elektroautos laden ihr Fahrzeug zuhause auf, da sie dort (und in der Arbeit) einfach am meisten Zeit verbringen. Für Besitzer eines Einfamilienhauses ist die Installation einer Ladestation relativ einfach zu verwirklichen. In einem Mehrfamilienhaus sieht das Ganze schon anders aus: technische Anforderungen und die Einholung der Zustimmung der Hausparteien können die anfängliche Motivation schon einmal für kurze zeit in Zweifel umschwenken lassen. In diesem Artikel wird Schritt für Schritt erklärt, wie die Stolpersteine auf dem Weg zur Ladestation am Parkplatz oder in der -Tiefgarage einer nach dem anderen weggeräumt werden können.
Warum überhaupt eine Elektroladestation in Ihrer Immobilie?
Vielleicht sind Sie noch im Stadium der Entscheidungsfindung und fragen sich, ob eine E-Auto-Ladelösung in Ihrer Immobilie überhaupt sinnvoll ist. Wohnen Sie dort und besitzen Sie ein Elektrofahrzeug ist die Antwort klar. Ja, denn Sie können Ihr Auto vor Ort aufladen und sparen wertvolle Freizeit und Geld, da das nervige Herumfahren auf der Suche nach einem freien Ladepunkt entfällt.
Als Eigentümer einer oder aller Wohnungen in einem Mehrparteienhaus bringt Ihnen die Installation einer oder mehrerer Ladepunkte auf Ihrer Parkfläche sogar noch mehr Vorteile. Erstens wird dadurch der Wert Ihres Eigentums erhöht. Zweitens steigt die Attraktivität des Gebäudes für bestehende Bewohner und potentielle Neumieter, was dazu führen kann, dass der Mietpreis erhöht werden kann. Drittens können für den Erwerb von Elektroautos und E-Auto-Ladestationen Fördermittel beantragt (englischer Link) werden. Nicht zuletzt ist jede installierte Ladestation ein kleiner, aber wichtiger Schritt in Richtung grüne Energiewende.
Was gibt es als Eigentümer eines Mehrparteienhauses vor der Installation einer Ladestation zu beachten?
Bevor Sie sich ans Werk machen, sollten Sie zunächst die häufigsten Stolpersteine auf dem Weg zur Ladestation kennen und wissen, wie Sie sie aus dem Weg räumen können.
Eines der Hauptprobleme sind meist technische Anforderungen am Ladestandort. Oft ist die Gesamtstromleistung des Hausanschlusses auf eine bestimmte Ampere-Kapazität beschränkt. Das bedeutet, dass Ihr Schaltkasten möglicherweise nachgerüstet oder auf den der Gemeinschaftsbereiche des Gebäudes zurückgegriffen werden muss, der Flure und Garagen abdeckt.
Sind die technischen Anforderungen geklärt, können auch Gebäudeeigentümer nicht direkt mit Bestellung und Aufbau einer Ladelösung loslegen. Sie sollten sich erst einmal informieren, ob in ihrer Stadt eine Baugenehmigung beantragt werden muss.
Natürlich sollten die bei der Anschaffung einer Ladestation anfallenden Kosten auch in das Jahresbudget miteinberechnet werden. Verständlicherweise könnten bestehende Ausgabenschwerpunkte, wie z.B. die Sanierung von Immobilien, Gebäuderenovierungen und Kapitalerhaltungsausgaben, bei jährlichen Haushaltsentscheidungen Vorrang haben.
Schritt für Schritt zur E-Auto-Ladelösung in Ihrem Gebäude
Nach der Informationsphase und dem Abfinden mit möglichen Stolpersteinen oder Herausforderung geht es jetzt richtig los: mit der Umsetzungsphase. Hier unsere 7 Schritte auf dem Weg zur Ladelösung:
1. Zu allererst: Umfrage und Zustimmung der Bewohner
Zahlen geben eine gewisse Sicherheit. So ist in der Planungsphase wichtig, zu eruieren, wie viele Mitglieder der Hausgemeinschaft bereits ein Elektrofahrzeug besitzen, wie viele den Erwerb eines solchen planen oder an einer Lademöglichkeit generell interessiert wären. Diese Umfrage hilft bei der Bestimmung von Anzahl und Art der Ladeplätze.
Zudem wird bei einer Befragung auch deutlich, ob die anderen Parteien im Haus bereit wären, einen höheren Mietpreis zu zahlen oder eine andere Gegenleistung erbringen würden, damit Ihre Investition in eine Ladelösung so schnell wie möglich rentabel ist.
Der Einbezug der Bewohner gibt auch Aufschluss über einen möglichen Ausbau des Ladeinfrastrukturprojekts. Daher sollte die gewählte Ladelösung nicht nur den aktuellen, sondern auch potentiell höheren Ladebedarf in der Zukunft im Blick behalten und eine Erhöhung der aktuellen Ladeplatzzahl ermöglichen.
Am wichtigsten ist jedoch, alle Parteien im Vorhinein mit ins Boot zu holen, um späteren Widerstand zu vermeiden. Möglicherweise ist die Zustimmung aller Parteien im Haus gesetzlich vorgeschrieben. In diesem Fall können Sie eine Ladestation oder -infrastruktur nur bauen lassen, sofern die Parteien damit einverstanden sind.
2. Jetzt geht’s um die technischen Details: Reicht die Stromkapazität Ihrer Wohnanlage aus?
Sind die Hausparteien überzeugt, muss die Stromkapazität des Gebäudes auf den zukünftig höheren Verbrauch durch die E-Auto-Ladepunkte hin überprüft werden. Dabei sollte ein erfahrener Elektriker zu Rate gezogen werden, der mit Sicherheit bestimmen kann, ob Schaltschrank und / oder Zähler aufgerüstet werden müssen. Hier (englischer Link) erfahren Sie mehr über diesen Prozess und wie Sie die Zählerdaten erfassen können.
Sollte die Stromkapazität ein Problem sein, können intelligentes Aufladen („smart charging“) und bidirektionales Laden („bidirectional charging“) weiterhelfen. Wenn ein Fahrzeug „smart aufgeladen“ wird, heißt das, dass das Ladegerät mit dem Fahrzeug, dem Ladebetreiber und dem Netzbetreiber über Datenverbindungen „kommuniziert“, um den Stromverbrauch zu optimieren. Dabei wird automatisch gesteuert, wie viel Strom zu jedem angesteckten Elektrofahrzeug fließen soll, damit die maximale Energiekapazität Ihres Gebäudes nicht überschritten wird. Infolgedessen kann die Verwendung intelligenter Ladegeräte dazu beitragen, teures Aufrüsten der Elektroinfrastruktur zu vermeiden.
Beim bidirektionalen Laden hingegen kann die Energie nicht nur in das Elektrofahrzeug (auf englisch „vehicle to grid“ oder „G2V“), sondern auch zurück ins Netz und zu Häusern oder Gebäuden fließen. Dieser Prozess wird daher oft als „vehicle to grid“ oder „V2G“ bzw. „vehicle to house / building“ bezeichnet „V2H/B“). So können Elektroautos, wenn sie an die Ladeinfrastruktur angeschlossen sind, bei Stromausfällen oder -mangel (über ihren Batteriespeicher) als Energiequelle fungieren. Mieter oder Eigentümer in Ihrem Gebäude hätten beispielsweise die Möglichkeit ihre Elektrofahrzeuge zu Zeiten mit geringerem Stromverbrauch (wie etwa nachts) aufzuladen und dann zu Spitzenlastzeiten Energie aus ihren Autos in das Gebäude zurückzuspeisen. Sollte Ihre Wohnanlage über erneuerbare Energiequellen vor Ort verfügen, wie z.B. eine Solaranlage, könnten die Ladegeräte auch dabei helfen, überschüssige Energie während des Tages zu speichern, um den Energiebedarf in der Nacht zu decken. Daher kann das bidirektionale Laden verwendet werden, um zu bestimmten Tageszeiten zusätzliche Energiekapazität für Ihr Gebäude bereitzustellen.
3. Money, money, money: Ermittlung von Anschaffungs- und Installationskosten
Eine qualitativ hochwertige, sichere und intelligente E-Auto-Ladestation kostet in der Anschaffung etwa zwischen 750 € und 1500 €, wobei die meisten Anbieter die Preise auf ihrer Webseite genau aufschlüsseln. Es ist jedoch zu bedenken, dass zusätzlich zu den Anschaffungskosten des Ladegeräts an sich auch noch Installationskosten eingeplant werden müssen. Denn nur die Installation durch einen professionellen und zertifizierten Elektroinstallateur stellt eine gefahrlose Ladeumgebung sicher (mehr dazu in Punkt 6). Schließlich gibt dieser Überblick über EU-weite Finanzierungshilfen (englischer Link) Anhaltspunkte, ob in Ihrem Land Rabatte auf den Kauf oder die Installation von Ladelösungen für Wohnanlagen gewährt werden. Diese decken in manchen Fällen bis zu 50 % der Kosten ab.
4. Eventuell erforderlich: Beantragung der Baugenehmigung bei Ihrer lokalen Behörde
Der nächste Schritt ist die Überprüfung ob eine Genehmigung von der Stadt eingeholt werden muss. Laut der Nationalen Plattform Elektromobilität braucht man zwar derzeit in Deutschland meist keine Baugenehmigung für die Installation eines privaten Ladepunktes, allerdings sind Ladestationen für Elektroautos in den jeweiligen Landesbauordnungen bisher nicht als baugenehmigungsfrei gelistet. Deshalb sollte man für die Klärung des Einzelfalls am Besten die jeweils zuständige Baubehörde kontaktieren.
Um zu eruieren, ob eine Bau-, Modernisierungs- oder Ladegenehmigung erforderlich ist, gilt es, die Person oder das Amt zu identifizieren, die in Ihrer Stadt oder Ort für diese Belange zuständig ist. Meistens findet sich der richtige Ansprechpartner in der Abteilung Bau, Verkehr oder Umwelt Ihrer Kommunalverwaltung, oder aber es handelt sich um einen Nachhaltigkeitsbeauftragten, der für die Fahrzeugplanung und -genehmigung zuständig ist. Wenn Sie nicht weiterkommen, sollte eine schnelle Internet-Suche nach „Genehmigungsantrag + [Name Ihrer Stadt oder Gemeinde]“ in die richtige Richtung führen.
5. Zu beachten: Praktische Erwägungen bei der Wahl eines Ladegeräts
Das gewählte Elektroauto-Ladegerät sollte einige Kriterien erfüllen: es sollte kompatibel, sicher und auf die Zukunft ausgelegt sein. Das bedeutet, dass das Ladegerät den aktuellen und potenziellen Bedürfnissen Ihrer Hausbewohner und deren Elektrofahrzeuge entspricht, was Steckertyp, Leistung uvm. betrifft. Aus diesem Grund ist die Befragung Ihrer Nachbarn (wie in Schritt 1 oben erwähnt) und potenziellen Nutzer des Ladegeräts so wichtig.
Als nächstes ist sicherzustellen, dass die jeweilige Ladelösung über ein Sicherheitszertifikat verfügt. Dies kann durch einfache Überprüfung der Schutzklasse erfolgen. Die Ladegeräte von Wallbox werden beispielsweise den international genormten Schutzklassen IP54 und IK08 zugeordnet, was bedeutet, dass Sie sich darauf verlassen können, dass sie eine sichere Option für Ihr Gebäude sind.
Wie oben (Abschnitt 4) beschrieben, sollte auch geprüft werden, ob das neue Ladegerät intelligentes Laden und bidirektionales Laden ermöglicht. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie bereits jetzt oder eventuell in Zukunft Probleme mit der Stromkapazität haben werden.
Wenn Sie sich mit diesen Grundlagen vertraut gemacht haben, ist es keine schlechte Idee, weitere Funktionen zu vergleichen, um das passendste Ladegerät für Ihre Bedürfnisse auszuwählen (z. B. Kabellänge, Innen- oder Außenbereich usw.). Sind Sie noch Neuling in der Welt der Elektro-Ladegeräte, helfen Ihnen diese FAQs zu Elektrofahrzeug-Ladegeräten bestimmt weiter.
6. Installation, aber seriös: Beauftragung eines zugelassenen Elektroinstallateurs
Ist das Ladegerät einmal bestellt, sollten Sie sich mit dem Energieversorgungsunternehmen in Verbindung setzen, um den elektrischen Bedarf des Ladegeräts zu ermitteln und zu erfahren, wie es sicher an das Netz in Ihrer Region angeschlossen werden kann.
Nach der Einigung mit dem Energieversorger über alle Einzelheiten kann die Installation des Ladegeräts in Auftrag gegeben werden. Dabei sollte der Elektroinstallateur ebenso sorgfältig ausgewählt werden wie die Ladelösung an sich. Möglicherweise bietet der Energieversorger den Installationsservice selbst an oder kann einen zertifizierten Installateur empfehlen. Auf den ersten Blick mögen die Kosten für die Installation Ihrer Elektrofahrzeug-Ladestation hoch erscheinen, aber es ist eine Investition, die sich lohnt. Schließlich wollen Sie weder die Sicherheit Ihrer Mieter gefährden noch etwaige Bußgelder riskieren. Daher muss die Ladestation gemäß den Spezifikationen des Herstellers und den örtlichen Zulassungsvorschriften installiert werden. Wir empfehlen Ihnen, sich mit Ihrem Anbieter zu beraten, um sicherzustellen, dass Sie die richtige Wahl für Ihre neue Ladeanlage treffen.
7. Die Rechnung aufteilen? Aufstellung eines Gebührenmodells
Eine wichtige Überlegung, die im Vorhinein getroffen werden sollte, ist die Aufteilung der Betriebs- und Stromkosten. Betriebskosten sind beispielsweise Versicherungs- und Wartungskosten. Diese Kosten können gedeckt werden, indem der Mietpreis der aktuell an der Nutzung der Ladegeräte interessierten Hausbewohner sowie der zukünftiger Mieter erhöht wird. Alternativ kann von den Besitzern von Elektrofahrzeugen für jede Nutzung eine Gebühr verlangt werden. Darüber hinaus könnten die Ladestationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und eine höhere Nutzungsrate für Nichtansässige festzulegen.
Der einfachste Weg, die Kosten auf der Stromrechnung unter den Besitzern von Elektrofahrzeugen in Ihrer Gemeinde zu verteilen, sind intelligente Ladestationen. Wie in Punkt 2 erläutert, verbindet diese Technologie Elektrofahrzeuge und Ladegeräte mit Nutzern, Betreibern und dem Stromnetz, sodass die Besitzer von Elektrofahrzeugen den Energieverbrauch und die Kosten über eine mobile Anwendung kontrollieren und verwalten können. Darüber hinaus ermöglicht sie Ihnen, die Ladung ferngesteuert und automatisch zu optimieren, um sicherzustellen, dass der Energiebedarf nie die maximale Gebäudekapazität übersteigt.
Auf die Zukunft ausgerichtet: Vorteile der Installation einer E-Auto-Ladelösung in Ihrem Gebäude
Eines oder mehrere Ladegeräte auf Ihrer Parkfläche stehen zu haben bringt Ihrer Immobilie einen Wettbewerbsvorteil und unterstützt Sie dabei, bestehende Mieter zu halten, zukünftige Mieter anzulocken und so den anfänglichen Aufwand und die Investition lohnenswert zu machen. Auch der Gebäudewert kann langfristig steigen und den Nutzen für kommende Generationen erhöhen. Doch die Vorteile der Installation einer Ladestation machen sich nicht erst Jahre später bemerkbar, da Sie bereits bei Kauf und Montage der Ladelösung auf Subventionen und finanzielle Anreize zugreifen können.
Da Elektrofahrzeuge in der Digitalisierung und der Energiewende eine Schlüsselrolle spielen werden, macht die Installation eines Ladegeräts Ihre Wohnanlage zukunftsfähig. Folgen Sie diesen einfachen Schritten, um in kürzester Zeit eine Ladestation auf Ihrem Gelände zu installieren. Viel Glück!