Das neue Jahrzehnt hat uns alle längst im Griff. Welchen klimapolitischen Herausforderungen stehen wir in den 2020ern gegenüber? Was wurde bereits in Angriff genommen und was bleibt noch zu tun?
Auf der UN-Klimakonferenz Ende 2019 (COP25) konnten nur wenige konkrete Ergebnisse zum Klimaschutz vorgewiesen werden. Die vielen negativen Berichte über das Ereignis zeigen jedoch, dass die Zivilbevölkerung, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen noch mehr gefordert sind, zu handeln, wenn schon viele Regierungen nicht handeln wollen oder können. Neue Studien des Global Carbon Project (englischer Link) zeigen, dass Emissionen aus fossilen Brennstoffen und der Industrie 2020 weltweit weiter ansteigen werden und ein Übergang zu faireren, umweltfreundlicheren Energiequellen immer dringlicher wird. So spricht sich der ehemalige US-Vizepräsident dafür aus, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung auf der ganzen Welt weiter zu erhöhen. Warum ist diese Klima- und Energiewende so dringend nötig und welche Rolle kann die Elektromobilität in den 2020ern spielen?
Wo stehen wir heute?
Der Klimawandel ist wohl eine der größten politischen Herausforderungen unserer Generationen und der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) eine seiner wichtigsten Ursachen. Es stimmt, dass CO2 sowohl in der Natur als auch von Menschen produziert wird. Der menschengemachte Anteil ist es jedoch, der für die verheerenden Entwicklungen verantwortlich ist, die wir weltweit beobachten können: Korallenbleiche, Artensterben, unberechenbarere und extremere Klimaverhältnisse usw. CO2 wird immer dann freigesetzt, wenn Menschen Beton herstellen, Land abholzen und fossile Brennstoffe verbrennen. Mit Abstand am meisten Kohlenstoffdioxid wird jedoch im Bereich Energiewirtschaft ausgestoßen. Egal ob die Energie für Verkehr, Elektrizität, Heizung, Industrie, Gebäude, uvm. verwendet wird, energiebedingte Emissionen machen in Deutschland 85 % der deutschen Treibhausgasemissionen aus. Ändern wir also die Art und Weise, wie wir Energie produzieren, können wir unsere Treibhausgasemissionen massiv reduzieren und den Klimawandel zumindest verlangsamen.
Energieerzeugung: Heutiger Stand und Alternativen
Gegenwart: Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen
Momentan hängen wir immer noch stark von CO2-erzeugenden Energieträgern ab. Ob Verkehr oder Wärme und Elektrizität in unseren Häusern, wir setzen weiterhin massiv auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe und andere mit fossilen Brennstoffen zusammenhängende Prozesse, um unseren täglichen Energiebedarf zu stillen. In den USA beispielsweise wird 80 % der Energie (EN) aus fossilen Brennstoffen erzeugt. Weltweit nimmt diese Abhängigkeit sogar eher noch zu. Denn mit dem Wirtschaftswachstum vieler Schwellenländer wächst auch deren Energiebedarf, da mit einem höheren Lebensstandard in der Regel auch der Energieverbrauch ansteigt. Der Übergang zu umweltschonenderen und gerechteren Formen der Energieerzeugung sollte daher so schnell wie möglich vonstatten gehen. Die gute Nachricht? Die Energiewende hat bereits begonnen.
Zukunft: Alternative Energiequellen
Im Hinblick auf die Energieerzeugung gibt es zwei Hauptalternativen zur Verbrennung fossiler Brennstoffe:
1) Erneuerbare Energien
Du kennst sie bereits: Windräder, Solaranlagen, Wasserkraftwerke usw. Erneuerbare Energien sind Energien, Die Quellen erneuerbarer oder regenerativer Energien, wie z.B. Sonnenlicht, Wind, Regen, Gezeiten, Wellen und Erdwärme, werden gewissermaßen auf natürliche Weise wieder aufgefüllt und versiegen nicht. Die meisten dieser Energiequellen erhalten ihre Energie, direkt oder indirekt, von der Sonne. Sie wird jedoch auf unterschiedliche Art und Weise erzeugt. Bei Windrädern bewirkt die Kraft des Windes, dass sich zwei oder drei propellerartige Blätter um einen Rotor drehen. Der Rotor wiederum treibt einen Generator an, der daraufhin Strom erzeugt. Solaranlagen hingegen wandeln Sonnenstrahlen in Elektrizität um, indem sie Elektronen in Siliziumzellen mit Hilfe der Photonen des Sonnenlichts stimulieren. Und so weiter.
2) Atomkraftwerke
Bei dieser Art Kraftwerke wird das Verfahren der Kernspaltung angewandt, um Strom zu erzeugen. Dabei handelt es sich um eine atomare Reaktion und einen radioaktiven Zerfallsprozess, bei dem der Kern eines Atoms in zwei oder mehr kleinere, leichtere Kerne gespalten wird. Bei diesem Prozess wird viel Wärme freigesetzt, diese Wärme wird zur Umwandlung von Wasser in Dampf verwendet, der eine Turbine und daraufhin dann einen Generator antreibt, der dann schlussendlich die Energie erzeugt.
Abwägen der Alternativen:
Der Unterhalt von Atomkraftwerken ist sauber, verlässlich und kostengünstig, die Entstehung von radioaktivem Müll und das Auftreten nuklearer Unfälle stellen jedoch schwerwiegende Gesundheitsrisiken für Mensch und Umwelt dar. Auch sind die Ausgangsstoffe für Kernkraftwerke nach wie vor kostbar und nur schwer zu gewinnen.
Erneuerbare Energien sind daher die bevorzugte Wahl. Die verschiedenen Arten der Gewinnung erneuerbarer Energien haben zwar alle auch Auswirkungen auf das Klima, so verbraucht beispielsweise der Bau von Windrädern viel Energie. Bei guter Planung können sie jedoch massenweise umweltfreundliche und nachhaltige Energie produzieren. Im Jahr 2017 betrug der Anteil erneuerbarer Energien im weltweiten Energiemix schon ca. 18,1 %, seit den 1960er Jahre sind Wind-, Solar und Wasserenergie stark im Aufschwung.
Energiewende dank Verkehrswende
Rund 20 % aller Treibhausgasemissionen sind auf den Verkehr zurückzuführen. Ein Großteil davon entsteht durch die benzin- oder dieselschluckenden Fahrzeuge, die viele von uns tagein, tagaus fahren und bei der Verbrennung dieser fossilen Brennstoffe Treibhausgase direkt in die Atmosphäre blasen. Eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energiequellen könnte die Treibhausgasemissionen stark absenken. Für eine Energiewende im Verkehr oder „Verkehrswende“ bieten sich vor allem zwei Entwicklungen an: immer mehr auf energiesparsame Fahrzeuge wie Fahrräder und immer mehr auf Elektrofahrzeuge wie E-Busse und E-Autos zu setzen.
Energiespeicher: Warum Elektrofahrzeuge so wichtig für die Energiewende sind
Zusätzlich zu den genannten Vorteilen von Elektrofahrzeugen können diese auch als Energiespeicher zu einer nachhaltigen Energiewende beitragen. Denn dank bidirektionaler Ladegeräte bieten E-Autos oder -Busse wichtige Speicherkapazitäten für Stromnetze, die zum Großteil aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Bidirektionale Ladegeräte, auch als Wechselstrom- (DC), V2G- (vehicle to grid) oder V2H- (vehicle to home) Ladegeräte bekannt, ermöglichen den Stromfluss in das Elektrofahrzeug (wie auch bei gewöhnlichen, unidirektionalen Ladegeräten), aber auch aus dem Fahrzeug heraus und zurück ins Netz. Mit diesen speziellen Ladegeräten können die elektrischen Batterien als kleine Stromspeicher für das gesamte Netz dienen. Und das umso mehr, je weiter die Nutzung von Elektrofahrzeugen verbreitet ist.
Bidirektionales Laden, egal ob V2G oder V2H, kann im Zuge des Übergangs zu erneuerbaren Energien an Bedeutung gewinnen. Das liegt daran, dass die verschiedenen regenerativen Energiequellen in der Regel je nach Tages- oder Jahreszeit unterschiedliche Energiemengen erzeugen. Beispielsweise fangen Solaranlagen eindeutig tagsüber die meiste Energie ein, Windräder, wenn es windig ist, und so weiter. Mit bidirektionalem Laden kann das volle Potenzial der EV-Batteriespeicherung zum Nutzen des gesamten Energiesystems – und unseres Planeten – genutzt werden! Mit anderen Worten: E-Autos können für den sogenannten Lastfolgebetrieb eingesetzt werden. Das bedeutet: Elektroautos können überschüssige Sonnen- oder Windenergie auffangen und speichern, sobald diese erzeugt wird, so dass sie in Zeiten hoher Nachfrage oder bei ungewöhnlich geringer Energieproduktion zur Verfügung gestellt werden kann. Diese Möglichkeiten gibt es nicht nur für E-Autos, sondern für alle Arten von Elektrofahrzeugen: E-Autos, E-Busse, E-Trams, E-Züge usw.
Elektrofahrzeuge bieten auch neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Demokratisierung von Energie. Gemeinschaftlich verwaltete Stromnetze wie das Brooklyn Micro-grid (EN) in New York können beispielsweise die Speicherkapazitäten von Elektrofahrzeugen nutzen, um ihre Netze unabhängiger zu machen und Energie an ihr Mikronetz zurückzuverkaufen. Die steigende Bedeutung von Elektromobilität bietet für die Energienutzung der Zukunft somit nur Vorteile. Rollen und Dynamiken im Energiesektor sind gerade dabei, sich gewaltig zu ändern, während wir uns auf eine erneuerbarere, E-freundlichere Welt hinbewegen. Endnutzer bekommen dabei die Gelegenheit, energieautark, also unabhängig von Netzbetreibern zu werden. Und das dank gemeinschaftlichen oder privaten Initiativen wie gemeinschaftlichen Stromnetzen oder häuslichen Stromquellen, die einen Rückverkauf von Strom an die traditionellen Netzbetreiber ermöglichen.
Elektromobilität ebnet den Weg für eine nachhaltigere Zukunft
Wir sollten Elektromobilität daher nicht nur als ein Mittel zu umweltfreundlichem Verkehr, sondern als wichtigen Faktor im Energiesystem als Ganzes betrachten. Dieser Blickwinkel lässt erkennen, dass die Elektromobilität in der Zukunft nicht nur für den klimafreundlichen Transport von Milliarden Menschen sorgen wird, sondern auch für die Regulierung und Stabilisierung von Stromnetzen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Mit anderen Worten: Elektrisch betriebener Transport ist absolut entscheidend für unseren Übergang zu den elektrifizierten, ökologisch und sozial gerechteren Gesellschaften von morgen. Den Anteil erneuerbarer Energien in unserem globalen Energiemix zu erhöhen oder komplett elektrische Transportsysteme aufzubauen sind keine einfach zu bewältigenden Herausforderungen. Gemeinschaftsprojekte und lokale Unternehmen lassen jedoch Hoffnung schöpfen. Der Schlüssel dazu? Wir alle haben Möglichkeiten, auf unsere eigene Weise Druck zu machen und die Entwicklung in Richtung Energiewende und Elektromobilität zu voranzutreiben. Frei nach Greta Thunberg: Du bist nie zu klein, um etwas zu bewirken.